Studienfahrt 2010
der Gesellschaft der Freunde des Hasbruch

 

Hutewaldprojekt Solling

ExmoorponieherdeZiel der dreitägigen Studienfahrt 2010 der Gesellschaft der Freunde des Hasbruch war die Information über das in einem Gebiet zwischen Uslar und Beverungen im südlichen Solling schon seit 10 Jahren laufend Hutewaldprojekt mit Heckrindern und Exmoorponies. Der Projektleiter führte die Mitglieder der Gesellschaft durch die Hutewaldflächen und konnte vielfältige Informationen geben.

 

Historie

Im Solling wurden seit Jahrhunderten große Weidetiere im Eichenwald und auf angrenzenden Grünlandflächen gehalten. Wie auch im Hasbruch dienten die Wälder insbesondere Rindern und Schweinen als Weide. So waren 1780 im Hasbruch 189 Hofstellen weideberechtigt, die 1312 Stück Hornvieh, 397 Pferde, 502 Schweine und 240 Schafe beim Amt Delmenhorst gemeldet hatten.

Durch die Beweidung entstanden so genannte halb offene Hutelandschaften. Durch den Verbiss der Tiere entstanden innerhalb des Waldes Flächen, auf denen mehr Licht den Waldboden erreichen konnte als in einem dicht bestockten Wald. Zusätzlich legten die Tiere immer wieder Waldboden frei, in dem sie im Boden nach Nahrung suchten oder sich auf dem Boden wälzten. Die immer wieder neu entstehenden offenen Bodenflächen dienten vielen Pflanzen und Tierarten als Lebensraum.

Durch das in diesen Wäldern bis auf den Boden durchdringende Licht und die stellenweise offenen Bodenflächen und auch durch das vorhandene Totholz vieler alter Bäume konnten sich viele, heute seltene, Tier- und Pflanzenarten entwickeln. Die ehemaligen offenen Hutelandschaften stellen somit die Grundlage für die heutige Artenvielfalt dieser Gebiete dar.

Um dem bestehenden Holzmangel der Zeit entgegen zu wirken, wurden ab Anfang des 19. Jahrhunderts die Weiderechte der Bauern nach und nach abgelöst. Auch die Oldenburger Forstverwaltung war 1882 froh, dass die letzten Weiderechte im Hasbruch abgelöst werden konnten. Die an Nutzholz armen, ehemaligen Hutewaldflächen wurden ab Ende des 19. Jahrhunderts systematisch aufgeforstet. Der dabei gewählte geringere Pflanzabstand der Bäume führte zu einer intensiven forstwirtschaftlichen Nutzung und in der Folge zu einer Verdunkelung der Waldböden.

Als Weideflächen dienten fortan nur noch Flächen außerhalb des Waldes. Durch diese scharfe Trennung zwischen Wald und Weide fehlte vielen Bewohnern von halboffenen Hutelandschaften, die auf Licht innerhalb des Waldes angewiesen sind, der Lebensraum. Zumindest wurde dieser aber flächenmäßig erheblich eingeschränkt. Diese Arten waren künftig auf die Weg- und Waldränder angewiesen, an denen das Licht tiefer in den Wald dringen konnte. Viele dieser Arten stehen heute auf den roten Listen.

 

Beweidungsprojekt

Kuh mit KalbVorrangiges Ziel des im Jahr 2000 begonnen Beweidungsprojektes im Solling ist der Erhalt und die Vermehrung der Artenvielfalt sowie der Erhalt und die zielgerichtete Verjüngung der lichten Eichenwälder. Die dafür eingesetzten Exmoorponies und Heckrinder stellen hierfür ein besonders geeignetes Werkzeug dar.

Die im Süden Englands beheimateten Exmoorponies, gelten als ursprünglichste der britischen Ponys. Einige Herden sind noch heute in den Mooren Südwestenglands in freier Wildbahn zu erleben.

Die Heckrinder sind eine Nachzucht des ausgestorbenen Auerochsen aus verschiedenen europäischen Rinderrassen.

Beide Tierarten kommen nach den Erfahrungen des Hutewaldprojektes mit dem im Solling vorherrschenden Klima sehr gut zurecht. Über längere Zeiträume anhaltende nasskalte Witterungen wie auch längere tiefe Temperaturen mit hohem Schnee vertragen beide Arten unbeschadet.

Der vielseitige Einfluss dieser Tiere im Hutewaldprojekt Solling erhöht die Landschaftsvielfalt:

·     Dem Kronenschluss und der damit einhergehenden Verdunkelung wird entgegengewirkt

·           Licht- und wärmebedürftige Tier- und Pflanzenarten profitieren

·          Langfristig wird eine natürliche Verzahnung unterschiedlicher Lebensräume und Lebensraumstrukturen erreicht;
insbesondere die von Offenland und Wald

·          Dynamische Prozesse werden angeschoben

 

Herden

ExmoorponyfohlenDie Herden der Exmoorponies und der Heckrinder bestehen in der Regel aus weiblichen Tieren mit ihren Kälbern. Zeitweise gehören Ihnen jeweils einzelne Hengste bzw. einzelne Bullen an.

Die Heckrinder kalben vorwiegend abseits der Herde in ungestörten Bereichen. Dort halten sie sich versteckt, bis sie nach ca. 3 Tagen wieder zur Herde stoßen. Während dieses Zeitraumes sind die Mutterkühe darauf bedacht, dass sich kein Feind, also auch kein Mensch, dem Kalb zu sehr annähert. Dann würden sie ihr Kalb verteidigen. Da die Heckrinder ihre Kälber aber in abgelegenen, ungestörten Bereichen abseits der Wege zur Welt bringen, hat dies auch noch zu keinen Problemen geführt.

Die beiden durch das Projektgebiet verlaufenden Rad- und Wanderwege wurden zu Beginn des Projektes für den Besucherverkehr gesperrt, weil noch nicht absehbar war, wie sich die Tiere allgemein gegenüber Besuchern verhalten würden. Nach ersten positiven Erfahrungen wurden diese Wege 2004 wieder für die Öffentlichkeit freigegeben. Hunde sind weiterhin nicht zugelassen, da Muttertiere diese evtl. als eine Bedrohung für ihre Kälber ansehen könnten. Im Verlauf des jetzt über 10 Jahre laufenden Projektes ist es zu keinen Zwischenfällen mit Besuchern gekommen.

 

Einzäunung

Das Projektgebiet ist mit unterschiedlichen Zäunen umgeben. Anfänglich kam ein 2 m hoher Knotengeflechtzaun zum Einsatz. Im weiteren Verlauf des Projektes hat sich herausgestellt, dass eine Einzäunung mit einem Knotengeflechtzaun von 1,4 m Höhe ausreichend ist und von den eingesetzten Tieren nicht überwunden wird. Dieser Zaun wird vom Rotwild übersprungen.

Zusätzlich sind so genannte Sauklappen eingebaut, die dem Schwarzwild aber auch Rehen und anderem Wild einen ungehinderten Zu- und Ausgang zu dem Weideprojekt ermöglichen. So hat das Weideprojekt keine Auswirkung auf die Ausübung der Jagd innerhalb des Gebietes.

Zur Einzäunung sensibler Bereiche reicht auch ein entsprechender Elektrozaun aus. An anderen Stellen kommt auch ein doppelter Stacheldrahtzaun kombiniert mit einem Elektrozaun zum Einsatz.

 

Bachbereiche

Das Projektgebiet wird vom Reiherbach durchflossen. Da die Tiere ähnlich dem Wild immer die gleichen Pfade bevorzugen, haben sich regelrechte „Wildwechsel“ gebildet. Entsprechend durchqueren die Tiere den Bach auch immer an den gleichen Stellen, die sie gleichzeitig zur Wasseraufnahme nutzen.

Durch die Einrichtung von künstlichen Furten in möglichst unsensiblen Bachbereichen und einen darauf hinführenden, ohne großen Aufwand einzurichtenden Elektrozaun ist es möglich, dass die Tiere die Bäche im Projektgebiet nur an den vorgesehenen Stellen queren.

Fläche und Nahrung

AuerochsenherdeDie Exmoorponies und die Heckrinder können ganzjährig im Freien leben und fressen neben Gräsern auch Kräuter, Blätter und frische Triebe von Sträuchern und Bäumen. Auf natürliche Art und Weise gestalten sie somit die Standorte von Flora und Fauna und halten beispielsweise durch Verbiss die aufwachsenden Buchen kurz.

Das Projekt sei auch auf kleinere Flächen übertragbar, so der Leiter des Solling-Projektes. Bei kleineren Flächen seien entsprechend weniger Tiere einzusetzen. Im Gegensatz zu der Überweidung der Wälder in vorangegangenen Jahrhunderten – mit allen ihren Folgen für die Natur - wird die Anzahl der Tiere heute auf das Weidegebiet abgestimmt. Wie viele Tiere in einem Gebiet zum Einsatz kommen könnten, ist vom Nahrungsangebot des betreffenden Gebietes abhängig und könne nicht verallgemeinert angegeben werden.

Wichtig sei, dass neben der Waldweide auch eine offene Weide zur Verfügung stehe. Von dem Verhältnis Waldweide zu Offenweide sei der Aufwand für die Winterzufütterung abhängig. Je größer der Offenweideanteil am Projektgebiet, desto geringer sei der Aufwand für die Zufütterung.

 

Zwischenergebnis

Das Hutewaldprojekt im Solling wurde von 2000 bis 2006 wissenschaftlich begleitet. Dabei hat sich gezeigt, dass sich die Artenvielfalt bereits im Verlauf dieses Zeitraumes im Projektgebiet durch die ganzjährige Weide erhöht hat und dass sich die Lebensvoraussetzungen für viele Licht und Wärme liebende Arten verbessert haben. So hat sich auch die Zahl der Fledermausarten seit Beginn des Projektes von 7 auf heute 14 Arten erhöht. Ein Naturerlebnis besonderer Art, so die Erfahrung des Praktikers, sind im Wald lebende Exmoorponys und Heckrinder zu beobachten.

Die Forstverwaltung plant jetzt im Hasbruch, wie im „LÖWE-Programm“ (bereits seit 1991) und der Forsteinrichtung vorgesehen, die historische Nutzungsform des Hutewaldes in der Praxis mit Exmoorponies und Heckrindern zu zeigen. Eine Beweidung wurde in einem großen Teil des betreffenden Bereichs bereits in der Zeit von 1994 bis 2008 mit anderen Hausrindern durchgeführt. Vorgesehen sind wenige Hektar Waldfläche rund um die Habbrügger Wiesen. Soweit möglich, sollen die Habbrügger Wiesen in das Projekt mit einbezogen werden.

 

Rahmenprogramm

Eingerahmt wurde der Besuch im Hutewald durch Führungen in dem Niedermoor Teichwiesen und dem Hochmoor Mecklenbruch, sowie der Besichtigung der mittelalterlichen Dorfwüstung Winnefeld. Auch eine Besichtigung des Holzkohlemeilers in Delliehausen mit fachkundigem Vortrag gehörten zum Programm. Auch ein Abendspaziergang auf dem lehrreichen Baumtypenpfad in Uslar wurde angeboten. Am dritten Tag fand eine Führung durch den Schmetterlingspark in Uslar große Aufmerksamkeit. Nach einer Führung durch die Klosterkirche in Fredelsloh bestand noch die Möglichkeit zur eigenen Erkundung des Ortes.

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